Dirk Zandecki
Redakteur
Walter Gropius war 1919 der Gründer des Bauhauses in Weimar. Obwohl es nur 14 Jahre in Weimar, Dessau und Berlin bestand und unter dem Druck der Nazis aufgelöst wurde, ist das Bauhaus mit seinen Ideen bis heute prägend für Architektur, Kunst und Design. Der treibende Grundgedanke des Bauhauses war das Zusammenführen getrennter Künste, sie zu neuen Gestaltungsideen zu kombinieren und diese mit seriellen Produktionsverfahren herzustellen. Denn es ging nicht um Einzelstücke für einen elitären Kreis – das Bauhaus verfolgte mit seinem gestalterischen Schaffen auch das Ziel, die gesellschaftliche Ungleichheit zu überwinden.
Ob modernes, erschwingliches Möbeldesign oder zukunftsweisende Gebäude in seriell gefertigter Modulbauweise – das Bauhaus hat mit seinen Visionen Grundlagen geschaffen, die bis heute gültig sind. Das von Walter Gropius entworfene Bauhaus-Gebäude mit den Meisterhäusern in Dessau gilt als Ikone der Moderne. Sowohl die Architektursprache als auch die Art des Bauens orientieren sich bis heute am Bauhausstil. Gropius und das Bauhaus haben mit ihren Konzepten quasi den „Grundstein“ für das modulare Bauen gelegt. Es sind zwei Faktoren, die hier zusammenkommen:
- Stahlskelettbauweise
- Vorfabrizierte Bauelemente
Für die neue Architektur des Bauhauses brachte die im 19. Jahrhundert entwickelte Stahlskelettbauweise die idealen Voraussetzungen mit. Sie ermöglichte die so typische und berühmte Bauhaus-Architektur: Gebäude mit Flachdach, bei der die Ästhetik der Funktion folgt. Der Baukörper wird in seine funktionalen Gliederungen unterteilt. Tragende Stahlelemente machen die sonst üblichen Eckelemente überflüssig und das Gebäude kann rundum verglast werden. So entstanden Gebäude von nie zuvor erlebter Leichtigkeit. Verstärkt wurde dies durch die bevorzugte weiße Farbgebung außen, während man im Innenbereich beispielsweise die tragenden Elemente farbig akzentuierte. Zahlreiche Gebäude im Bauhausstil zeugen weltweit von dieser großartigen und universellen Architektur.
In den USA trafen die Emigranten Walter Gropius und Konrad Wachsmann zusammen. Gemeinsam entwickelten sie 1941 eine Lösung, welche die zweite Grundlage für die heutige Modulbauweise darstellt: Gebäude aus vorgefertigten Bauelementen. Ihre Lösung wurde als General-Panel-System bekannt. Es war ein revolutionär flexibles System, um aus Fertigbauelementen beliebige Ein- und Zweifamilienhäuser zu realisieren. Ungelernte Arbeiter konnten aus den vorgefertigten Bauelementen innerhalb von neun Stunden ein bezugsfertiges Haus inklusive Installationen errichten. Die Grundkonstruktion war aus Holz – mit einem universellen stählernen Stecksystem.
Doch wie sah es mit größeren Gebäuden aus? Was wäre, wenn man statt Holz eine Stahlkonstruktion für die vorgefertigten Module nehmen würde? Wenn man also die Prinzipien und die Vorteile der Stahlskelettbauweise und des General-Panel-Systems zusammenführen würde? Genau das ist geschehen. Das Resultat ist das, was wir heute als serielle Modulbauweise bezeichnen. Bei diesen Wurzeln ist es auch kein Zufall, dass die Architektursprache der Modulgebäude häufig an das Bauhaus erinnert. Klare, funktionale Formen mit durchgehenden Fensterbändern oder flächiger Paneelen-Anordnung und Flachdach. Wie bei dem ursprünglichen General-Panel-System sind bei den modernen Modulsystemen im Hinblick auf Grundrisse, Stockwerke und Innenraumgestaltung nahezu keine Grenzen gesetzt. Dank ihrer Effizienz, ihrer Termin- und Kostensicherheit setzten sich Modulgebäude immer mehr durch.
Seit einigen Jahren kommt in der Bauwirtschaft ein Thema zum Tragen, an das vor 100 Jahren kaum jemand dachte: Nachhaltigkeit. Sie zählt heute zu den größten Pluspunkten der Modulbauweise. Hohe Energieeffizienz, intelligente Gebäudeausstattung, die nahezu zerstörungsfreie Wiederverwendbarkeit und am Ende die komplette Recyclingfähigkeit machen Modulgebäude zu einem Zukunftsmodell. Das Bauhaus lebt und entwickelt sich also weiter.
Auch in Dessau ist man auf die nachhaltige Zukunft ausgerichtet. In Sichtweite des Bauhauses, am Walter-Gropius-Gymnasium, errichtet KLEUSBERG derzeit einen etwa 1.000 Quadratmeter großen, 3-geschossigen Anbau in Modulbauweise. Was würde Walter Gropius dazu wohl sagen? Würde er seine Vorstellungen darin wiederentdecken und erfreut darüber sein? Oder würde er interessiert zur Baustelle gehen und mit den Monteuren und Planern des Modulgebäudes von KLEUSBERG über das neue Projekt diskutieren? Wahrscheinlich beides.